02.06.2014

Album Review | CILICE - Deranged Headtrip

(c) PMM Records
Veröffentlichung: 2009
Genre: Progressive Metal

Dieses Cover-Artwork und der Titel des Albums geben schon gute Anzeichen darauf, wie dieses Album beim ersten Mal wirkt. Nämlich verwirrend, anstrengend, irgendwie krank. So weit, so gut. Ist das musikalisch jetzt auch was oder kann man sich die Kopfschmerzen sparen?
Nun, ich bin ja da, um es euch zu sagen, und ich habe das Risiko auf mich genommen. Ich komischer Mensch tue mir solche Dinge eben ab und zu mal an. (Soffel meinte liebevoll, irgendwas laufe bei mir ganz schief ...)

"Deranged Headtrip" ist das Debüt der niederländischen Band Cilice und ich kann euch sagen, dass die einen total frustriert sein werden, andere wiederum werden das Album lieben.
Denn die Band um den genialen Sänger Daniel de Jongh (der mittlerweile bei Textures ist und deswegen seine ursprüngliche Band verlassen hat) hat durchaus sehr viel musikalisches Know-How."Progressive Metal" ist jetzt doch sehr weit gegriffen. Richtigerweise hätte ich bei Genre "Progressive Technical Deathcore/Mathcore mit neoklassischen Thrash-Elementen" schreiben sollen, aber darunter kann sich kein Mensch etwas vorstellen und 100% richtig wird es sowieso nicht sein, weil jeder verschiedene Genres anders unterteilt. Für manche sind Nightwish halt noch immer Gothic Metal ... aber ich komme vom Thema ab.
Cilice ist eine absolut originelle Band, die dem Begriff "Progressive" mehr als gerecht wird. Wegen den Vocals sowieso, da kann ich nicht genug schwärmen. Von tiefen Growls (die tiefsten, die ich bis jetzt gehört habe!) bis zum Vocal Fry, Screams und abwechslungsreichem cleanem Gesang ist alles dabei, dabei immer messerscharf genau. Besonders an den Vocals allerdings ist, dass es nie so richtige Grenzen zwischen den Stilen gibt, sondern all die Gesangstechniken sozusagen in- und auseinanderfließen.
Genremäßig geht es, wie oben schon erwähnt, bunt durch den Progressive-Subgenre-Malkasten, aber dann auch mal in die Core und Thrash-Richtung. Auch von der Rhythmik her haben wir hier etwas ganz Eigenes, was ich so noch nie gehört habe: Teilweise mehrere Tempowechsel in einem relativ kurzen Song und keine einzige Stelle, die einen irgendwo atmen lässt - tatsächlich ist es die Rhythmik, die den Bogen gespannt hält und die Essenz des Albums darstellt. Dabei bestehen die meisten Songs aus einem regulären 4/4-Takt, aber die Art und Weise, wie sich alle Instrumente fügen, lässt die Musik wie einen verrückten Trip wirken. (Wer braucht denn da noch synthethische Drogen?) Stimmverzerrung und bestimmte elektronische Effekte, teilweise computergesteuerte Begleitung, darauf noch Streicher, harte Riffs und klasse Gitarrensoli und alles zusammen ergibt eine unglaubliche Intensität.
Viel Gefühl kommt nicht immer durch, auch wenn das vielleicht beabsichtigt war. Da kann man eben nicht viel machen - die technische Begleitung lässt nicht viel Freiraum (vor allem, wenn alles auf vier Minuten presst) und alles wirkt recht steril. Aber da kommt wieder der geliebte Frontmann ins Spiel. Denn der hat Emotion in der Stimme, davon nicht wenig. Damit gleicht sich das Problem größtenteils wieder aus. Auch die ganzen Melodie-Liebhaber werden mit diesem Album nicht in die Tonne greifen: Immerhin gibt es relativ viel cleanen Gesang, sogar teilweise spannungsgeladene, relativ balladeske Tracks. Bloß keine Angst, das sind auch nur Menschen. Wahnsinnige Menschen, ja, ich gebe es ja schon zu.

Zwar stellt "Deranged Headtrip" ein sehr kurzes Werk dar, nur 36 Minuten, aber in diesem Fall ist es etwas Gutes. Länger würde ich wahrscheinlich nicht durchhalten. Bringt außerdem ja auch nichts, ein 60-minütiges Album auf den Markt zu bringen, das nur Bullshit draufhat. Da bin ich eher für Genauigkeit auf den Punkt gebracht. Und Cilice sind sehr genau, intensiv, technsich anspruchsvoll, aber gleichzeitig sogar erfrischend. Denn obwohl das Album anstrengend ist, ist es nicht schwermütig.

Wer Härte verträgt und seinen Metal gerne anspruchsvoll hat, für den habe ich einen Leckerbissen. Für den Rest: Probiert es aus. Von mir kriegt ihr aber kein Gewähr dafür, dass es euch gefallen wird. Trotzdem wird das für alle, abgehärtet oder nicht, ein Mordstrip. Versprochen.
Ich persönlich bin ein wenig zwiegespalten. Ich kann das Werk noch nicht so richtig lieben. Ist aber auch ein Debütalbum. Es kann sich noch mächtig viel ändern im Hause Cilice. Bleibt nur abzuwarten.

Wertung: 7/10
Highlights: Chernobyl, God Of Lies,

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen